Man sieht es ja immer wieder, ob im Fernsehen, auf Facebook oder über das Handydisplay des letzten Demogängers, der einem dieses unsägliche Event linker wie rechter Straßenkultur zeigt. Die Demo. Ein Haufen Menschen setzen sich für eine bessere Idee wie sie meinen – in Bewegung, um entweder für etwas oder gegen etwas zu sein. Für oder gegen was man ist, entnimmt man meistens den Transparenten oder den einstimmig gebrüllten Phrasen mit eher zweifelhaftem lyrischen Anspruch. Was soll das bringen? Demos werden nicht mehr wie früher von vielen Menschen besucht, sie gelten in der Gesellschaft als eher unerwünscht und nervig. Irgendwas muss abgesperrt werden, man kommt dadurch zu spät zu einem Termin oder muss die komplette Innenstadt umfahren, weil wieder irgendwer demonstriert, aber gegen was eigentlich? Die Botschaften sind vor allem auf linken Demos meist überfrachtet. Irgendwie hat alles was mit dem Kapitalismus zu tun, dann kommt noch irgendwie sowas wie Leistungsdruck, Nazis sind scheiße und überhaupt! Die meisten Teilnehmer*innen wissen oft gar nicht genau für was sie eigentlich auf der Straße stehen und rezitieren das Gesagte eines Redners mit Ihren Worten wieder. Mensch beleidigt auch gerne mal die Polizei, ist aber am Ende dann doch schon ziemlich froh, dass ein*e Beamte*r zwischen einem und dem braunen Mob steht, dass man nicht von besagtem Mob eins auf die Schnauze bekommt. Dazu möchte ich sagen, dass die Polizei viel zu oft sehr überzogen reagiert, wie die antifaschistischen Proteste in Karlsruhe gezeigt haben – Pfeffer gehört auf das Mittagessen nicht ins Gesicht!
Die Passanten haben oft die Wahrnehmung, dass die Protestierenden die Gesellschaft revolutionär radikal verändern wollen, was erst einmal löblich und durchweg progressiv ist, allerdings wirkt der revolutionäre Moment einer Demo oft bedrohlich. Da sind Leute auf der Straße die irgendetwas schreien und gehen dabei einheitlich einen Weg. In Deutschland erinnert das oft an die Militärparaden, einmal der DDR und einmal an die der Nationalsozialisten, erst dann kommen einem die Proteste und Demonstrationen 1989 gegen das DDR-Regime in den Sinn, was doch sehr Schade ist. Zugrundeliegend dafür kann durchaus der Antikommunismus sein der gepflegt, gar kultiviert wurde. Alles was in irgendeiner Weise die biedere Sichtweise der Konservativen angreift, gleicht einem Angriff auf Alles und Jeden im System und führt unweigerlich in einen Zustand der Anarchie. Das zeigt zum einen eine sehr schwammige Anarchismusdefinition und zum anderen ist nicht jede Meinungsartikulation direkt etwas Schlechtes.
Man muss aufhören nach außen durch das Identitäre laufen das Bild zu vermitteln dieses durch und durch beschissene System zu zerstören. Wir dürfen gerade als Menschen wie ich, die sich dem linken Spektrum zuordnen, die Säulen die das System tragen mit Gewalt einzureißen. Die Säulen müssen einstürzen, besser früher als später, aber damit das auch gelingt, müssen wir die Menschen mit kreativen Ideen und Artikulationsformen überzeugen und nicht ihnen das Gefühl geben sie anzugreifen. Erst wenn die Menschen sich aus ihrer Rolle innerhalb der Säulen lösen und diese nicht mehr tragen, können wir eine Veränderung bewirken. Die Menschen müssen sich bewusstwerden, dass sie niemand zwingt Teil der Verwertungslogik des Kapitalismus zu sein, dass sie freie Individuen sind und freie Entscheidungen treffen können. Man muss Ihnen durch Musik, Kunst, Straßenkunst, Vorträge und durch viele kleine Dinge einen anderen Weg aufzeigen, Ihnen die Angst vor Neuem und Veränderung nehmen. Dass der Ausbruch aus den bestehenden Verhältnissen nichts Bedrohliches ist, sondern etwas Schönes, und eine Chance darstellt sein Leben komplett anders zu gestalten. Am Ende, wenn diese vielen Dinge geschehen sind, sich Aktivist*innen gefunden haben, dann kann man auch das Endprodukt sehen. Riesige Demonstrationen die Veränderung wollen, etwas Neues, wie etwa beim arabischen Frühling oder den Occupy Wallstreet Protesten. Und auch dort war es nicht, dass reine nach vorne gehen oder das Necken der Einsatzkräfte durch Verzögerungen oder spontane Sitzblockaden. Ich bin generell auch für mehr widerständige Praxis, aber bitte mit mehr unorthodoxen Methoden und weniger Marschgefühl.
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