Die Kunst des eindimensionalen Denkens

Kritische Auseinandersetzung mit dem Lob der AfD

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Kurz vor dem zu Bett gehen noch die E-Mails checken und feststellen, dass die AfD-SÜW meinen Artikel zur Rundmail des AStA dankend kommentiert hat und ihrerseits einen Artikel gegen den AStA auf ihrer Homepage veröffentlichte. Schön schön schön, anstatt mir jetzt noch eine Serie anzusehen und gemütlich weg zu dämmern bietet mir die Partei nun ein famoses Praxisbeispiel für die Analyse ihrer Praktiken. Zur Einführung empfehle ich diesen Artikel, den ich in Reaktion auf den Wahlerfolg der Partei (und der Reaktionen darauf) schrieb.

Aber nun gut, es geht hier nicht um die Aufzählung meiner journalistischen Erzeugnisse. Der Artikel der AfD ist mit dem Titel „EXKLUSIV: Der AStA der Universität Landau übt sich als Stasi – Liebe Eltern, ziehen Sie Ihre Kinder aus der Uni ab!“ überschrieben. Gewagt, gewagt. Wenn Papa noch gedient hat solltet Ihr bei diesem zackigen Kasernenton vielleicht noch einmal Zuhause anrufen und Euch nach dem Stand Eurer Immatrikulation erkundigen. Exklusiv ist die Meinung der AfD-SÜW tatsächlich. Ich habe zu keinem Zeitpunkt in meinem Artikel einen so einfachen, falschen und eindimensionalen Vergleich wie „Stasi“ gezogen. Aber wie ich bereits feststellte sind

„Die Feindbilder und Schreckensszenarios, derer sich die AfD bei der
Jagd auf Stimmen bediente, […] keine Erfindung der Partei selbst.“ [1]

Die lebt in ihrem politischen Wirken davon, die diffusen Ängste und Stimmungen unter einfach nachvollziehbare Labels zu summieren und diese gezielt einzusetzen um Ihre eigenen politischen Ziele damit zu dekorieren.

Was bezweckt der Artikel der AfD?

An dieser Stelle muss ich doch wieder meine persönliche Geschichte anbringen. In meiner Zeit als Hochschulpolitik-Referent des AStA habe ich die Anmeldung und Teile der Organisation einer Demonstration gegen den Auftritt der damaligen Parteivorsitzenden Frauke Petry in Landau übernommen (wofür mir die Partei inzwischen allerdings sehr dankbar sein müsste). In der Folge erhielt der AStA, aber auch der damalige Präsident der Universität, mehrere E-Mails mit einem Wortlaut, der dem des jetzigen Artikels in nichts nachsteht. Die Hochschulleitung wurde aufgefordert den damaligen AStA abzusetzen und sowohl ich, als auch der damalige PR-Referent des AStA wurden von einem Mitglied der AfD als vermummte Extremist*innen bezeichnet, die sich hinter der Tarnidentität ihrer Vornamen (damit hatten wir eine Rundmail an die Studierenden unterzeichnet, üblicher Vorgang, da unsere kompletten Namen auf der Website des AStA zu finden waren) verstecken.

Sollte die AfD-SÜW also nicht allzu vergesslich sein, ist ihr durchaus bewusst, bei wem Sie sich da bedankt. Selbst im schlimmsten Fall gehe ich davon aus, dass der/die Autor*in sicherlich auch einen kurzen Blick auf unsere Homepage geworfen hat und daher eben auch meine kritische Auseinandersetzung mit der Partei gesehen haben dürfte.

Der Dank an mich ist also ein fragwürdiger. Die AfD-SÜW bezweckt damit meinen Artikel , und damit mich, in Ihrem Sinne zu vereinnahmen. Denkbar einfach glaubt die AfD damit mich und den AStA in einem Wisch zu diskreditieren zu können. Einerseits denkt die AfD mit dem „Applaus von der falschen Seite“ meine Position mit Ihrer deckungsgleich zu legen und damit meine Person als Anhänger Ihrer Deutung darzustellen. Andererseits versucht die AfD den gesellschaftlichen Diskurs, an dem der AStA und ich uns beteiligen als eine polarisierten Konflikt darzustellen.

Ich stehe zu meiner Analyse der Rundmail und werde diese nicht widerrufen, nur weil die AfD glaubt sich darin wieder zu erkennen. Denn kritisches Denken darf nicht in absoluten Kategorien verharren und muss sich auch einer als unbequem empfundenen Nähe aussetzen können. Der billige Versuch der AfD aber, sich diese Analyse unter den Nagel zu reißen, enttarnt sich sehr schnell.

Der Trugschluss der Assoziation, den der Artikel der AfD-SÜW dem AStA vorwirft, ist eine Technik, mit der in einer Argumentation ein Standpunkt entkräftet wird ohne diesen inhaltlich anzugreifen. Vielmehr wird versucht den Standpunkt mit einem separaten Faktum (Ereignis/Sachverhalt/etc.) in Verbindung zu bringen, von welchem die entkräftende Seite annimmt, dass dieser allgemein als negativ angesehen wird. Trocken, ich weiß. Beispiele gefällig?

„Deutsche! Wehrt Euch! Kauft nicht bei Juden!“, lässt sich lückenlos auf „Studierende!
Wehrt Euch! Besucht nicht sexistische/rassistische/homophobe Lokalitäten!“ übertragen. [2]

Der AStA der Universität Landau übt sich als Stasi [3]

Es wird in Kauf genommen, dass durch eventuelle Falschaussagen
von Personen mit zwielichtigen Absichten Lokalitäten verleumdet
werden sollen, was ein Straftatbestand nach deutschem Recht ist.
[4]

Na, erkannt? Die Beispiele stammen allesamt aus dem Artikel der AfD-SÜW. Im ersten Fall wird der Holocaust mit einem fingierten Zitat des AStA in Verbindung gebracht (die zweite Aussage entstammt der panischen Fantasie des/der Autor*in, liest sich aber dank der Anführungszeichen wie ein Zitat. Ein Zitat der AfD in situ, wohlgemerkt). Der AStA als Analogie zur Staatssicherheit in der DDR ist auch eine klassische Anwendung des Trugschluss der Assoziation.

Im letzten Zitat werden Menschen, die sich auf die Rundmail des AStA melden als „Personen mit zwielichtigen Absichten“ gedeutet, ohne dass die AfD deren Absichten kennt. Zudem wird das Verfahren, welches der AStA in seiner Rundmail etablieren möchte als Verleumdung gedeutet, „was ein Strafbestand nach deutschem Recht ist.“. Ja, Verleumdung ist ein Strafbestand, allerdings ist das Verfahren des AStA keine Verleumdung. Denn wir „besitzen (noch) relative Meinungsfreiheit in Deutschland“[5] und das Schreiben und Empfangen einer E-Mail an und durch den AStA ist rechtlich vollkommen unbedenklich. Erst das Bild, welches die AfD heraufbeschwören möchte, nämlich eine öffentliche Denunziation der genannten Personen oder Lokalitäten, erfüllt diesen Strafbestand (sofern die Denunzierten die Ihnen vorgeworfene Handlung/Aussage nachweisbar nicht getätigt haben und die Denunzierende nachweisbar wider besseren Wissens handelt – sonst ist es üble Nachrede).

Der zentrale Vorwurf der AfD an die Rundmail des AStA ist, dass „[d]ie Implikationen dieser E-Mail […], gelinde gesagt, abscheulich und zutiefst intolerant [sind].“[6]. Ebenso sind dies Homophobie, Rassismus und Sexismus. Jeder dieser Begriffe steht für die Ausgrenzung und Abwertung von Menschen anhand von einzelnen Merkmalen (Sexuelle Orientierung, Hautfarbe/Geburtsort, Geschlecht). Ich bin bisher noch keinem Grund begegnet, der die Ausgrenzung und Abwertung anhand dieser Merkmale für mich logisch nachvollziehbar macht und begründet. In meinem ursprünglichen Artikel habe ich deutlich gemacht, dass ich diese Formen der Diskriminierung ablehne und diese waren nun mal auch nicht der Ansatzpunkt meiner Kritik an der Rundmail. Diese Ansatzpunkte findet in meinem Artikel, wer diesen unter dem Aspekt der kritischen, aber dialogischen Auseinandersetzung liest und nicht als einfachen Ausgangspunkt platter und eindimensionaler Agitation.

Abschließend bleibt mir nur zu sagen, dass der/dem Autor*in des Artikels der AfD all dies sicherlich bewusst ist. „Ein zu großes Maß an Intelligenz lässt sich ihm[/ihr] aber beileibe nicht unterstellen.“ [7]

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