Die Ausstellung ist in der Villa Streccius jeden Dienstags und Mittwoch von 17 bis 20 Uhr und von Donnerstag bis Sonntag 14 bis 17 Uhr zu besuchen. Die Ausstellung geht bis zum 11.03.2018. Eintrittspreis für Studenten beläuft sich auf einen Euro.
Erhobenem Hauptes reckt die Villa Streccius ihr Rotunde in die großen Kreuzung des Marienring mit dem Südring hinein und wacht als steinerner Hüter über die Kreuzung. Ein Paradekasten für die großbürgerliche Historismusarchitektur. Eine recht glatte, unspektakuläre, graue Fassade, welche rund um die Fenster und als optischer Halt unter dem Gebälk aus dieser Formlosigkeit aufbricht. Hier sind zierliche, gerade Strukturen offengelegt, welche die Fassade einrahmen. Die Rotunde wirkt wie in die zwei anderen quadratischen Seitenflügel der Villa hineingedrängt. Verzaubert aber hingegen zu den quadratischen Kästen durch ihre Detailverliebtheit. Durch aussenliegende Säulen in die Höhe gezogen und mit einem breiten floralen Eisenbalkon vollendet, wird sie zum schönsten Teil der Villa. Eine Art Neoklassismus springt einem bei Beitreten in die Eingangshalle, welche ebenfalls auch das Treppenhaus in den zweiten Stock beinhaltet, entgegen. Große, rote, weiß-melierte Marmorsäulen hält das Treppenhaus fest im Griff. In den zwei Stockwerken aufgeteilt auf sieben Räume sind acht Künstler mit ihren Werke zum Themengebiet „Räume der Anderen“ zu finden.
Das offene Konzept „Räume“ ermöglicht eine gewaltige Anzahl an Interpretationsmöglichkeiten durch die Künstler. Es ist ein großer, thematischer Rahmen gespannt, den es mit Inhalt auszufüllen gilt. Das Konzept beinhaltet den Vorteil eine große Varianz der Ausstellungsstücke unterzubringen ohne in Erklärungsnot zu geraten. Die Räume, in welchen sich zumeist nur ein Künstler tummelt, sind in beliebiger Reihenfolge zu besuchen. Sie wirken offen und sehr hell. Einladend. Das Konzept brennt sich, auch durch die offen Ausstellungsart und die bewusste Auswahl durch den Zuschauer, ein.
Im Erdgeschoss im größten Zimmer hängt gewaltig und raumeinnehmende ein messingfarbener Baldachin-Interpretation der Künstlerin Monika Schmid. Durch seinen durchlässigen und durchschaubaren Drahtcharakter scheint er gleichzeitig leicht und schwer. Das raumgreifende Potential des großen Ausstellungsstücks wirkt weniger bedrohlich. Kleine eingebaute Vliesstoffe verstärken diesen Zug. Es ähnelt Gespenstern oder Schmetterlingen, welche an dem schweren Drahtgerüst hängen. Der Raum der Künstlerin Edite Grinberga wirkt leer. Zwei großformatige Leinwände hängen dort, in welchen die Farbe Weiß dominiert. Man erscheint verloren im Raum. Die Bilder zeigen leere, weiße Räume mit ein paar Beobachtungsfixpunkten, so werden sie eine Art Spiegel des Raumes in dem sie hängen. Der Raum der von Sarah Oh-Mock und Eva Schaeuble besetzt wird, wirkt laut und schrill gegenüber den Vorherigen. Neben den absurden Situationsfotografien von Sarah Oh-Mock auf der einen Seite, läuft ein Fernseher, welcher am Ende des Zimmers steht, mit ihrer Südkorea-Reise. Kleine Bilder mit einer Frontalansicht von unterschiedlichen Räumen hängen gebündelt auf der gegenüberliegen Seite. Hier prallen zwei Rauminterpretationen zusammen und vertragen sich nicht. Unterschiedliche Konzepte die sich beißen. Die bessere Lösung wäre gewesen, jedem Künstlern einen separaten Raum zu geben, um ihrem Konzept von Raum Platz zu geben und in seiner Besonderheit zu unterstreichen.
Erstes Stockwerk. Auch findet sich wieder zwei Räume, welche durch die Überanzahl an verschieden Werken, das Konzept ad absurdum führen. Dorothée Aschoff versammelt neben einer knochenweißen Skelett „Gitterboot“-Skulptur, Öl-Nautilusschnecken auf Leinwänden und, vom Absurden bis zum Realistischen, Landschaften. Es wirkt zusammenwürfelt. So als wäre nicht genügend Raum vorhanden. Weitere Messingexponate füllen den schönsten Raum der Villa. Jener Raum, der sich hinter dem gusseisernen Balkon versteckt. Blütenweiße Wände, graziösen und in sich verschlingenden Stuck an der Decke und ein heller Dielenboden heben diesen Raum hervor. Die Exponate sind leider unvorteilhaft in dem Raum angebracht und verteilt. Sie wirken alle wie an die Wand genagelt. Der freie Raum wird nicht, wie durch den vorigen Baldachin weggedrückt und eingenommen und dabei jedoch auch frei gelassen. Ihnen fehlt der dialektische Bezug zum Raum. Sie buckeln wie scheue Tiere an der Wand. Die zwei Gemälde Isa Dahls „eben still“ und „Wanderung“ im Nebenraum zeigen durch ihre bestechende Einfachheit, dem präzisen Einsatz von Farben und deren Kontrasten und ihrer gefühlten Mehrdimensionalität herausragend was die Künstlerin unter Raum erfassen und sich zu nehmen versteht. Die grotesken, mit verwaschener Farbe bemalten Chimären aus Clown, feiner Dame, Vase und Büste schmücken, neben dem hitzigen, fast schon schwirrendem Sommermittagstraumgemälde des Künstlers Jochen Heins das letzte Zimmer. Auch hier ist die Kombination der Werke nicht geglückt. Nicht mal die Idee von gewollter Gegensätzlichkeit entsteht hier. Es wirkt auch hier wie zusammengeschustert, man sieht die Nähte und Schnitte der Ausstellung.
Die geringe Raumanzahl der Villa erscheint es nicht ermöglicht zu haben, jedem Künstler und jedem Thema seinen eigene Platz zu ermöglichen. Damit wirkte die Ausstellung an manchen Stellen geflickt. Die Werke scheinen dann nicht zusammenzupassen und verwischen das sonst passend zu scheinende Konzept zu einem grauen Brei. Die Bandbreite der vielen Interpretationen, in Ausformungen, Bilder oder Skulpturen lässt viel offen, aber zugleich zeigt sie viel. Es gibt sich unerwartet. Es überrascht. In den Werken ist viel Platz für den Künstler. Er versteckt sich in der frei gelassen Stelle oder im nicht gezogenen Pinselstrich. Der Besuch in die anderen Räumen der Villa Streccius ist es nichtsdestotrotz wert gegangen zu werden.
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