Interview mit Amnesty International

Quelle: @fkaregan/unsplash.com

Ein Interview mit der Landauer Hochschulgruppe von Amnesty International

Stephanie (LaUni): Hey Lea. Danke für das Interview!

Lea (Amnesty International): Sehr gerne! Es freut mich, dass die LaUni eine Reihe zu Menschenrechten veröffentlicht und ich sie dabei unterstützen darf!

Stephanie (LaUni): Du bist stellvertretende Gruppenleiterin bei der Amnesty International-Hochschulgruppe Landau! Wie kam es dazu?

Lea (Amnesty International): Ich bin Ende meines ersten Semesters an der Uni Landau der Hochschulgruppe Amnesty International beigetreten. Seit längerer Zeit hatte ich mir bereits vorgenommen, mich regelmäßig ehrenamtlich zu engagieren. Kurz vor meinem Studienbeginn war ich für ein Jahr in den USA. Der alltäglich Rassismus vor Ort hat mich zutiefst schockiert. Dort habe ich auch am eigenen Leib mitbekommen, was es bedeutet, einer unteren Schicht der Gesellschaft anzugehören bzw. in meinem Fall eher direkt von der oberen Schicht der Gesellschaft abhängig zu sein. Auch bei meiner Heimkehr ist mir aufgrund meines Kulturschocks „Deutschland“ aufgefallen, wie häufig erniedrigend mit unseren Mitmenschen umgegangen wird. Zudem finde ich es wichtig, dass jede*r über ihre/seine Rechte aufgeklärt wird. Da war die Hochschulgruppe Amnesty International genau das Richtige für mich! Hier kann ich mich ehrenamtlich für die Menschenrechte aller engagieren und die Welt zumindest ein bisschen besser machen. Im letzten Sommersemester wurde ich dann gefragt, ob ich nicht das Amt der stellvertretenden Gruppenleiterin übernehmen möchte. Es ist mir eine große Ehre gewesen, gefragt zu werden!

Stephanie (LaUni): Und was genau macht Amnesty International?

Lea (Amnesty International): Amnesty International ist die weltgrößte Menschenrechtsorganisation. Sie finanziert sich aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen. An der Stelle sind natürlich auch viele engagierte Ehrenamtliche gefragt, die sich für die Menschenrechte aller einsetzten wollen. Außerdem ist Amnesty International vollkommen unabhängig von Religionen, Regierungen, Parteien, Konzernen, Ideologien, etc. Das ermöglicht einen gerechten Einsatz für alle Unterdrückten. Die Grundlage der Organisation ist die AEMR ( = Allgemeine Erklärung der Menschenrechte). Wird gegen diese jedoch verstoßen, macht sich Amnesty International für die Opfer stark. So werden u.a. Petitionen in die Wege geleitet, sodass Druck auf die Schuldigen ausgeübt werden kann. Bekannt und auch effizient ist der von Amnesty International ins Leben gerufene Briefmarathon, der zur Lösung besonders gravierender Menschenrechtsverletzungen führt/führen soll.

Stephanie (LaUni): Wie sehen Aktionen einer Hochschulgruppe da aus? Wie kann man hier in Landau etwas gegen Menschenrechtsverletzungen woanders auf der Welt machen?

Lea (Amnesty International): Die Hochschulgruppe bietet viele Möglichkeiten, aktiv zu werden. Jedes Mitglied bringt eigene Interessen und Stärken mit ins Team, um sich dem Einsatz für die Menschenrechten zu widmen. So kann beispielsweise eine Diskussionsrunde zu Feminismus veranstaltet werden. Wir haben aber auch schon Filmabende organisiert, die Menschenrechtsverletzungen in den Fokus gestellt haben. Petitionen lassen sich von überall für die ganze Welt starten. Ein Stand und ein Lächeln im Gesicht verhelfen, mit Menschen in Kontakt zu kommen, über die AEMR aufzuklären und die Informationen in die Welt zu tragen. Jede Stimme zählt! Natürlich schließen sich auch immer mal wieder einzelne Gruppen von Amnesty International zusammen und starten gemeinsam Aktionen. Den Mitgliedern stehen viele Türen offen. Falls ihr Ideen habt, schreibt uns gerne oder kommt einfach mal bei einem unserer Treffen vorbei!

Stephanie (LaUni): Es gibt ja zum Beispiel den Briefmarathon an der Uni. Was genau ist das? Und welchen Hintergrund hat diese Aktion?

Lea (Amnesty International): Genau! Den habe ich eben ja bereits kurz angesprochen. Jedes Jahr im Dezember findet der Briefmarathon statt. Wie der Name schon verrät, geht es um eine Menge an Briefen. Amnesty International sucht zehn Fälle von besonders gravierenden Menschenrechtsverletzungen heraus und erstellt entsprechende vorgefertigte Briefe an die Verantwortlichen. In diesen Briefen wird zum einen der Verstoß gegen die AEMR erläutert und zum anderen wird die „Behebung des Problems“ (viel zu beschönigend formuliert, aber ich muss den Begriff möglichst allgemein halten, da es sehr viele unterschiedliche Fälle /Situationen gibt) gefordert. Ganz konkret kann es sich dabei beispielsweise um eine Freilassung aus einem Gefängnis handeln, da eine Person zu Unrecht inhaftiert wurde oder dass das Urteil zur Todesstrafe zurückgenommen werden soll. Diese Briefe werden in Massen gedruckt und dann kommen die Mitglieder ins Spiel: Es geht darum, möglichst viele Unterschriften zu sammeln. Im Anschluss schickt Amnesty International gebündelt alle Briefe an den/die Verantwortlichen. Diese gewaltige Papiermasse übt einen erheblichen Druck aus. Das ist auch der Grund dafür, dass der Briefmarathon eine stolze Erfolgsquote von 30-40% (also ganz konkret: 3-4 von den 10 Mitmenschen) hat. Ich finde es unbeschreiblich, dass man mit Hilfe von einer Unterschrift einem Mitmenschen, der zu Unrecht verurteilt/gefoltert/etc. wurde, zu seiner Freiheit weiterhelfen kann!

Stephanie (LaUni): Bei Aktionen wie dem Briefmarathon erreicht man natürlich viele Menschen, aber was könnte man deiner Meinung nach machen, um mehr Menschen für solche wichtigen Themen im Allgemeinen zu gewinnen?

Lea (Amnesty International): Meiner Meinung nach ist die Öffentlichkeitsarbeit enorm wichtig. Natürlich ist das zur Zeit etwas schwierig. Dennoch gibt es Möglichkeiten! Es hilft nicht, einfach über unangenehme Themen zu schweigen und wegzuschauen. Der Dialog und die Aufklärung sind enorm wichtig. Zunächst müssen alle Menschen über ihre angeborenen Rechte aufgeklärt werden. Das sollte optimalerweise bereits im Schulalter geschehen. Heutzutage werden die Kinderrechte bereits in der Grundschule thematisiert. Die AEMR bleibt meistens außen vor. Die Uni Landau bietet auch das Zertifikat zur Menschenrechtsbildung an. Möglicherweise werden durch ausgebildete Lehrkräfte zukünftig mehr Schülerinnen und Schüler erreicht. Zudem wollen wir auch, sobald es wieder zu verantworten ist, mit Schulen zusammenarbeiten, um Amnesty International und die Menschenrechte vorzustellen. Jedoch sind die Menschenrechte nicht nur in der Schule von Bedeutung. Viele Erwachsenen vergessen im Alltagsstress ihre eigenen Rechte. Zudem verlieren sie teilweise die miserablen Zustände ihrer Mitmenschen aus den Augen. Ein Stand zur Aufklärung, zum Besinnen und zum Handeln sollte an allen sich anbietenden Straßenfesten aufgebaut werden! Der kommunikative Austausch untereinander verhilft zu mehr Frieden auf Erden.

Stephanie (LaUni): Was hat dich denn an Amnesty International interessiert? Mit welchen Themen beschäftigst du dich gerne?

Lea (Amnesty International): Gerne. Das Wort passt nur teilweise zu den Themen, mit denen ich mich beschäftige. Da ich eine angehende Lehrerin bin, interessiere ich mich vor allem für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Ich finde es wichtig, das diese früh über ihre Rechte, aber auch über Menschenrechtsverletzungen aufgeklärt werden. Meiner Meinung nach verhilft diese Arbeit auch zum Abbauen von Vorurteilen und führt zu mehr Toleranz innerhalb der Gesellschaft. Leider leben wir auch heutzutage noch in einer Klassengesellschaft. Dabei sollten Kinder und Jugendliche lernen, sich in ihre Mitmenschen hineinversetzen zu können und ihre Lebensumstände nicht als Norm anzusehen. Auch in Deutschland kommt es immer wieder zu Menschenrechtsverletzungen, gegen die wir uns stark machen sollten. Die Schule bietet als Institution einen Raum, in dem gerade solche Themen für die gesamte junge Gesellschaft angesprochen werden können.

Jetzt zu dem Punkt, der mich bei dem Wort gerne hat schlucken lassen. Ich habe mich in meiner Freizeit auch viel mit der Menschenrechtsaktivistin Waris Dirie beschäftigt. Sie hat zahlreiche Bücher zur weiblichen Genitalverstümmelung verfasst und auf dem Markt gebracht, von denen das Werk „Wüstenblume“ sogar verfilmt wurde. Ich stimme mit ihr überein, dass solche auch in unserer Gesellschaft angesehenen Tabu-Themen auf den Tisch gelegt werden müssen. Das kollektive Schweigen hilft den Opfern nicht weiter, sondern führt nur zu noch mehr Leidenden. Hoffentlich können wir im nächsten Jahr einen Filmabend, eventuell mit einer anschließender Diskussionsrunde, umsetzen.

Stephanie (LaUni): Und wie könnte ein Leser jetzt bei Amnesty International mitmachen, wenn man Interesse hat? Bei ganz normalem Uni-Betrieb kann ich mir gut vorstellen, dass man mal eben bei einem Gruppen-Treffen vorbeikommen kann. Aber wie organisiert ihr euch in Pandemie-Zeiten?

Lea (Amnesty International): Gerade auch aufgrund der steigenden Inzidenzzahlen in Landau treffen wir uns über Videokonferenz-Tools, die uns erlauben, dass wir uns gegenseitig austauschen. Wer Lust und Zeit hat, kann gerne mal auf unserer Homepage oder auf Instagram vorbeischauen und uns eine Nachricht schreiben. Anschließend könnt ihr den Link für unser Online-Treffen bekommen und einfach mal schnuppern kommen – ganz ohne Verpflichtungen. Wir freuen uns immer über neue Gesichter!

Stephanie (LaUni): Wo finde ich denn mehr Informationen zu euch oder zu Amnesty International generell?

Lea (Amnesty International): Amnesty International und auch speziell unsere Hochschulgruppe sind v.a. online aktiv. Googelt einfach mal nach „Amnesty International“ und schon findet ihr eine Homepage, auf der ihr euch erst mal durchklicken könnt. Natürlich ist Amnesty International generell sowie zahlreiche Untergruppierungen, wie beispielsweise unsere Hochschulgruppe, auch auf Instagram aktiv.

Stephanie (LaUni): Super! Danke für das Interview. Dann hoffen wir, dass wir bald einige tolle Aktionen von der Amnesty International Hochschulgruppe mitbekommen!

Anmerkung der Redaktion: Stephanie, die das Interview führte, ist auch Mitglied bei Amnesty International

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