Cognito ergo sum

Cognito ergo sum: Dieser weltbekannte Satz, der eigentlich „Ego cognito, ergo sum“ (= „Ich denke, also bin ich.“) heißen müsste, stammt von René Descartes. Der Naturwissenschaftler und Philosoph prägte unter anderem den nach ihm benannten cartesianischer Dualismus – ein Versuch das sogenannte Leib-Seele-Problem zu lösen.

Das Leib-Seele-Problem

Aber worum geht es eigentlich? Das Leib-Seele-Problem beschreibt die Auseinandersetzung mit der Frage, wie Materie/Körper und Geist/Seele zusammenhängen: Wenn sie nicht dasselbe sind, wie stehen sie dann miteinander in Verbindung? Beeinflusst der Körper die Seele oder umgekehrt? Ist die Seele etwas Körperliches? Mit dieser Frage haben sich schon viele Philosophen beschäftigt unter anderem auch Platon, Aristoteles oder Descartes. Generell kann man zwei grundlegende Ansätze unterscheiden: den Dualismus und den Monismus.*

Dualismus

Grundannahme: Es gibt zwei unterschiedliche Substanztypen, durch die sich die Welt erklären lässt: Der materielle Körper und der immaterielle Geist.

Beispiel: Es gibt den physischen Körper und die psychische Geist, diese sind irgendwie miteinander verbunden. Meist wird die Seele als unsterblich angesehen (z.B. bei Platon, Descartes)

Einige Formen:

1. Cartesianischer Dualismus: Der Körper (res extensa) als materielle Substanz und der Geist (res cogitans) als immaterielle Substanz sind voneinander unabhängig und haben eine kausalen Wechselwirkung aufeinander (die in der Zirbeldrüse – zentral im Gehirn – stattfindet).

2. Interaktionismus: Geht davon aus, dass Geist und Materie zwei unterschiedliche Substanzen sind mit einer gegenseitigen Wechselwirkung (Verletzung führt zum Schmerzempfinden, aber auch persönliche Wünsche führen zu bestimmten Handlungen).

3. Epiphänomenalismus: Alle mentalen Vorgänge sind durch physische Ereignisse verursacht bzw. nur Nebenerscheinung dieser. Sie haben aber keinen Einfluss auf neurophysiologische Zustände oder auf andere mentale Zustände.

4. Psychophysischer Parallelismus (u.a. Leibniz und Fechner): Seelische und körperliche Vorgänge laufen streng parallel ohne Kausalbeziehung zueinander ab (Ausnahmen: der materialistische psychophysische Parallelismus: Kausalität der physischen Seite möglich oder der spiritualistische psychophysische Parallelismus: Kausalität der psychischen Seite möglich). Der parallele Ablauf der beiden Seiten beruht auf einer prästabilierten Harmonie (durch Gott).

Weitere Formen des Dualismus sind z.B. der Okkasionalismus und der Eigenschaftsdualismus

Vertreter: Descartes, Platon (unsterbliche Seele)…

Monismus

Der Monismus geht davon aus, dass Seele und Körper nicht zwei unterschiedliche Substanzen sind.

Grundannahme: Es gibt nur eine Substanz (Körper, Geist oder unbekannt) und das Andere ist nur eine Erscheinungsform/Eigenschaft dieser Substanz. Aber was ist diese Substanz?

Einige Formen:

1. neutraler Monismus: Es gibt eine bisher unbekannte neutrale Substanz auf die sich Seele und Körper zurückführen lassen.

2. Physikalismus: Geist/Gedanken etc. lassen sich auf das Körperliche/Materielle reduzieren. Der Mensch ist ein rein physisches Wesen. Unterschiedliche psychische Zustände lassen sich vollständig auf physische oder physikalische Zustände zurückführen.

3. Phänomenalismus: Alles ist seelisch-geistiger Art und lässt sich auf den Geist zurückführen. Materie existiert nicht bzw. nur in unseren Köpfen.

– Unterformen, die sich zum Beispiel dadurch unterscheiden, ob Gott eine Rolle spielt: objektiver Idealismus, subjektiver Idealismus, absoluter Idealismus…

4. Solipismus: Hier treffen sich monistische Ansätze und Descartes wieder. Man kann nur mit Gewissheit sagen, dass das eigene Ich existiert. Andere Menschen, die materielle Welt um uns herum könnten Alles nur Vorstellungen sein („Blue pill or red pill?“**).

5.) Funktionalismus: Angeregt durch die Arbeiten von Charles Darwin und der dort beschriebenen Anpassungsfähigkeit, beschreibt der Funktionalismus seit dem 20 Jahrhundert eine physikalische, monistische Vorstellung. Mentale Zustände werden nicht mit physischen Zustände gleichgesetzt, sondern mit funktionalen Zuständen: Sie reagieren auf einen bestimmten Input (z.B. schlechte Note in einer Prüfung) mit einem Übergang in einen anderen mentalen/funktionalen Zustand und einem bestimmten Output (z.B. Weinen). Psychische Prozesse sind eher Begleit- und Folgeprozesse von körperlichen Zuständen. Seelischen Prozesse befähigen den Menschen dazu sich erfolgreich an sein Umfeld anzupassen und zu überleben. Prägend für den Begriff der Gewohnheit oder des Lernens.

Weitere Formen des Monismus sind z.B. die Identitätstheorie, der nichtreduktive Materialismus und der eliminative Materialismus, Materialismus/materialistischer Monismus, spiritualistischer Monismus, Naturalismus, verschiedene behavioristische Ansätze…

Vertreter: William James (Funktionalismus), Schopenhauer…

Wir weinen nicht, weil wir traurig sind, sondern wir sind traurig, weil wir weinen.“ – William James

Ex-Kurs: Libet-Experiment

Bestimmt nur unser Körper, was wir denken und machen? Bekannt ist hier ein Experiment vom amerikanischen Neurophysiologen Benjamin Libet, der in den 1980er Jahren einen Versuch durchführte:

Probanden sollten sich frei entscheiden, ob sie ihre Hand heben oder nicht. Zum Zeitpunk ihrer Entscheidung sollten sie sich die Position eines sich bewegenden Lichtpunktes auf einer kreisförmigen Skala merken. Gleichzeitig wurde durch Hirnströme das sogenannte Bereitschaftspotential gemessen, welches ansteigt, wenn eine Bewegung im motorischen Cortex im Großhirn vorbereitet wird.

Das Ergebnis verblüffte: Bevor die Probanden ihre Entscheidung „bewusst“ getroffen hatten, konnten die Forscher diese durch das Beobachten der Hirnpotentiale vorhersagen. Trifft der Körper also die Entscheidung zur Hebung der Hand, bevor wir dies bewusst selber machen?

Trotz viel Aufsehen und auch Kritik, regte das Experiment viele Diskussionen dazu an, ob wir einen freien Willen haben oder ob dieser von unserem Körper bestimmt wird.

Heutzutage wissen wir, dass Körper und Psyche sich gegenseitig beeinflussen. So können beispielsweise depressive oder ängstliche Gefühle durch ein Schilddrüsenungleichgewicht ausgelöst sein, aber eine Angststörung kann uns auch körperlich beeinflussen.

Vor allem der psychosomatische Ansatz beschäftigt sich mit dem Zusammenhang von Körper und Psyche: Wie kann unsere Psyche den Körper beeinflussen? Beispiele gibt es viele: von Tinnitus, Reizdarm, somatoforme Schmerzstörungen…

Neben den oben genannten Formen gibt es natürlich noch alle weiteren möglichen Formen, die beeinflussen, wie man den Mensch und seinen freien Willen sieht: zum Beispiel im Determinismus oder Pluralismus. Insgesamt wird ein Problem immer bleiben: Der Mensch ist Subjekt (Forschender) und Objekt (Forschungsobjekt) zugleich und wird sich selber so nie zu 100% objektiv betrachten können – freier Wille hin oder her.

*verschiedene Begriffe wie körperlich/materiell/physisch und seelisch/immateriell/geistig/psychisch werden in dem Artikel austauschbar verwendet.

Quellen:

https://lexikon.stangl.eu/1879/monismus (abgerufen am 05.04.23 um 18:32 Uhr)

https://eurodomik.ru/de/foam-block/problema-substancii-kratko-problema-substancii-v-filosofii-monizm.html (abgerufen am 05.04.23 um 20:53 Uhr)

https://eurodomik.ru/de/foam-block/problema-substancii-kratko-problema-substancii-v-filosofii-monizm.html (abgerufen am 05.04.23 um 21:04 Uhr)

https://spektrum.de/lexikon/bilogie/leib-seele-problem/38680 (abgerufen am 06.04.23 um 18:30 Uhr)

https://www.spektrum.de/lexikon/neurowissenschaft/cartesischer-dualismus/1900#:~:text=cartesicher%20Dualismus%2C%20E,sind%2C%20die%20kausal%20miteinander%20wechselwirken (abgerufen am 06.04.23 um 19:18 Uhr)

https://spektum.de/lexikon/philosophie/epiphaenomenalismus/582 (abgerufen am 06.04.23 um 19:25 Uhr)

https://lexikon.stangl.eu/8548/leib-seele-problem (abgerufen am 06.04.23 um 20:10 Uhr)

https://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/funktionalismus/5419 ((abgerufen am 06.04.23 um 20:20 Uhr)

https://www.philoclopedia.de/was-kann-ich-wissen/philosophie-des-geistes/epiphänomenalismus/ (abgerufen am 06.04.23 um 20:25 Uhr)

https://lexikon.stangl.eu/3535/funktionalismus (abgerufen am 06.04.23 um 20:42 Uhr)

https://www.philoclopedia.de/was-kann-ich-wissen/philosophie-des-geistes/substanzdualismus/ (abgerufen a, 06.04.23 um 21:18 Uhr)

https://www.planet-wissen.de/natur/forschung/hirnforschung/pwiedaslibetexperiment100.html (abgerufen am 06.04.23 um 21:28 Uhr)

https://www.welt.de/kmpkt/article183837544/Welttag-der-Philosophie-Ich-denke-also-bin-ich-ein-Satz-den-nur-die-wenigsten-verstehen.html (abgerufen am 08.04.23 um 15:22 Uhr)

https://www.philoclopedia.de/was-kann-ich-wissen/philosophie-des-geistes/leib-seele-problem/ (abgerufen am 08.04.23 um 15:40 Uhr)

https://dorsch.hogrefe.com/stichwort/parallelismus-psychophysischer (abgerufen am 08.04.23 um 15:42 Uhr)
https://dorsch.hogrefe.com/stichwort/parallelismus-psychophysischer (abgerufen am 08.04.23 um 16:10 Uhr)

www.a.de/Monismus/P03VD (abgerufen am 08.04.23 um 16:14 Uhr)

https://www.philosophie.ch/2019-10-21-kralle (abgerufen am 08.04.23 um 16:39 Uhr)

https://www.aerztezeitung.de/Medizin/Was-die-Schilddruese-mit-Angst-zu-tun-hat-409126.html (abgerufen am 08.04.23 um 17:50 Uhr)

https://www.planet-wissen.de/gesellschaft/medizin/psychosomatik/pwiepsychosomatischeerkrankungen100.html (abgerufen am 08.04.23 um 17:56 Uhr)

http://www.philolex.de/bewumate.htm (abgerufen am 08.04.23 um 18:33 Uhr)

https://dorsch.hogrefe.com/stichwort/james-lange-theorie (abgerufen am 08.04.23 um 18:52 Uhr)

**Zitat: Wachowski, Lana (Ressigeur) & Wachowski, Lilly (Ressigeur). (1999). Matrix (Film). USA/Australien: Silver Pictures, Warner Bros. Entertainment, Groucho Film Partnership, 3 Arts Entertainment & Village Roadshow Pictures

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