Kommentar: Der mysteriöse Tod der Marilyn Monroe

Foto von Nicole Grimm
Foto von Nicole Grimm

Sie ist DAS Sexsymbol des 20. Jahrhunderts: Eine talentierte, bildhübsche Frau, die allen Männern scheinbar mühelos den Kopf verdreht. Am 1. Juni 1926 als Norma Jeane Mortenson in Los Angeles geboren, gelingt Marilyn Monroe rasch der Aufstieg zu einer der erfolgreichsten US-amerikanischen Filmschauspielerinnen. Auch als Fotomodel ist sie weltweit bekannt, ihr charmantes Lächeln sowie ihre herausragenden Schauspielkünste verhelfen ihr zu Rollen in berühmten Filmen, wie zum Beispiel der erfolgreichen Komödie Manche mögen’s heiß.

Weniger bekannt sind jedoch ihre genauen Todesumstände. Marilyn wird am 5. August 1962 früh morgens von ihrer Haushälterin tot in ihrem Zimmer aufgefunden. Den Telefonhörer noch in der Hand, liegt die Leiche bäuchlings und unbekleidet im Bett, in einer Position, die es fast so aussehen lässt, als wäre sie sorgfältig dort abgelegt worden. Auf dem Nachttisch daneben stapeln sich leere Pillendosen. Es ist bekannt, dass sie unter Depressionen und Angststörungen litt, auch ihr unerfüllter Kinderwunsch machte ihr zu schaffen. In Kombination mit dem Druck der Filmbranche führten diese Aspekte zu einer Abhängigkeit Marilyns von verschiedenen Tabletten, unter anderem Schlafmitteln und Amphetaminen (synthetisch hergestellte Stimulanzien). War es also Suizid?

Das ist jedenfalls die offizielle Angabe in Marilyns Totenschein – bis heute. Jedoch sind die genauen Umstände ihres Todes noch immer ungeklärt. Es fehlen wertvolle Beweismittel und Polizeiakten, Zeugen verändern ihre Aussagen mehrmals und verstricken sich in Widersprüche. Was genau ist in der Nacht vom 4. auf den 5. August 1962 passiert? Und warum sind bis heute so wenige Details darüber bekannt? Im Folgenden werde ich die wichtigsten Theorien zu Marilyns Todesumständen näher erläutern. Bisher konnte keine unter ihnen vollkommen bestätigt werden, allerdings gibt es zahlreiche interessante Hinweise und Aussagen von Personen, die Marilyn in der Zeit vor ihrem Tod nahestanden, welche erwähnenswert sind.

Gegen 04:30 trifft die Polizei in Marilyns Haus in Brentwood, Los Angeles, ein. Ihre Haushälterin Eunice Murray gibt an, um 03:30 Uhr noch Licht durch den Türspalt ihres Zimmers gesehen zu haben. Als Marilyn nicht auf ihr Klopfen antwortete, rief sie deren Psychiater Ralph Greenson an, welcher wiederum das Fenster eingeschlagen und in der Folge die Leiche auf dem Bett entdeckt habe. Die Schlafzimmertür sei abgesperrt gewesen. Hyman Engelberg, Marilyns Hausarzt, welcher daraufhin gerufen wurde, erklärte sie um 03:50 Uhr für tot. Gegen 04:25 Uhr alarmiert Greenson das Los Angeles Police Department.

Murray verändert ihre Aussage noch in der Nacht des Tatgeschehens mehrfach. Mal gibt sie an, Marilyn schon um Mitternacht gefunden zu haben, in einem Interview kurz darauf spricht sie von 02:00 Uhr, nur, um die Zeit später erneut auf 03:30 Uhr zu korrigieren. Als erster Polizist am Tatort wird Jack Clemmons misstrauisch, da Greenson wiederholt darauf beharrt, Marilyn habe sich mit Schlaftabletten umgebracht. Allerdings ist weder im Schlafzimmer, noch im angrenzenden Badezimmer ein Glas zur Flüssigkeitsaufnahme zu finden. Laut Autopsiebericht wurde eine erhöhte Barbituratkonzentration in ihrem Blut nachgewiesen, jedoch befinden sich keine Tablettenrückstände in ihrem Magen, was gegen einen Suizid durch die orale Einnahme von Schlafmitteln spricht. Clemmons’ Verdacht, dass nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sein muss, wird keine Beachtung geschenkt. Er wird am Tatort von seinem Chef abgelöst und äußert sich seitdem nie wieder zu dem Fall.

Doch nicht nur Clemmons zeigt sich misstrauisch gegenüber Greensons Verhalten, auch der Notfallsanitäter James Hall zweifelt dessen Unschuld an Marilyns Tod an. Neben Marilyn Monroe betreut Ralph Greenson außerdem andere Berühmtheiten wie beispielsweise Vivien Leigh oder Tony Curtis. Allerdings soll er Gerüchten zufolge neben der Psychiater-Patienten-Beziehung auch ein sexuelles Verhältnis zu Marilyn gepflegt haben. Sollte dies an die Öffentlichkeit gelangen, verliere er seine Zulassung. Hatte er also ein Motiv, um seine Patientin umzubringen? Wenn man den Aussagen Halls Glauben schenken mag, soll er sogar ganz eindeutig für ihren Tod verantwortlich sein. Neben Greenson alarmierte Murray nämlich auch den Rettungsnotdienst. Dieser traf laut Hall sogar noch vor dem Psychiater ein und begann direkt mit den lebensrettenden Maßnahmen, da Marilyn noch bewusstlos gewesen sei. Als Greenson dazustieß, übernahm er jedoch direkt das Kommando. Er habe Marilyn eine Adrenalinspritze direkt in das Herz gestochen, mit dem Anschein, sie retten zu wollen. Hall sagt aus, dass letztendlich diese Maßnahme ursächlich für ihren Tod war. Greenson habe auch nicht besonders erschrocken darüber gewirkt, dass Marilyn nach seinem Eingriff offensichtlich nicht mehr lebte, obwohl sie vermutlich noch hätte gerettet werden können.

Laut Autopsiebericht ist Marilyn bereits gegen 22 Uhr, also noch am 4. August, gestorben. Der Todeszeitpunkt wurde anhand der bereits eingesetzten Totenstarre berechnet. Wie passt das zu den bisher aufgeführten Ereignissen, die sich laut Murrays Aussage erst um 03:30 abgespielt haben sollen?

Nachts ist das Zeitgefühl meistens nicht so gut ausgeprägt wie tagsüber. Ein Verschätzen um mehrere Stunden ist jedoch ungewöhnlich – und spricht nicht für die Unwissenheit der Haushälterin von den wahren Geschehnissen der „Tatnacht“. Warum wurde die Polizei erst gegen 04:30 Uhr gerufen, wenn Marilyn bereits um 22 Uhr gestorben ist? Wie konnten die Notfallsanitäter Marilyn behandeln, wenn die Tür zu ihrem Schlafzimmer doch abgeschlossen war, wie Murray behauptete? War sie es doch nicht? Aber warum schlug Greenson dann das Fenster ein?

Murray gibt sogar an, nach dem Auffinden von Monroes Leichnam direkt die Bettlaken gewaschen zu haben. Wollte sie Spuren beseitigen? Auch die zerbrochene Fensterscheibe wirkt inszeniert. Fast so, als habe man sehr wohl Zutritt zu Marilyns Zimmer gehabt, wollte die Ermittler aber auf eine falsche Fährte locken.

Heutzutage lassen sich keine Polizeiakten mehr zu dem Fall finden. Gewebeproben aus der Autopsie, welche übrigens auch nicht fachgerecht verlaufen sein soll, aufgenommene medizinische Fotos der Leiche, der Autopsiebericht selbst – alles ist wie vom Erdboden verschluckt. Sogar Marilyns Telefonliste mit den Nummern, die sie kurz vor ihrem Tod angerufen haben könnte, ist unauffindbar. Zeuginnen und Zeugen verändern wiederholt ihre Aussagen und Skeptikern wie Clemmons oder Hall wird keine Beachtung geschenkt. Wie konnte dies passieren? Privatdetektive, welche sich noch heute mit den Geschehnissen der Nacht vom 4. auf den 5. August befassen, gehen von der aktiven Beweismittelvernichtung durch involvierte Personen aus. Neben Murray und Greenson scheinen also noch weitere Menschen in irgendeiner Art und Weise von den Umständen, die zum Tod der blonden Ikone Amerikas geführt haben könnten, zu wissen. Pat Newcomb, Monroes persönliche PR-Beraterin, soll sogar an ihrem Todestag vormittags mit ihr gestritten haben. Worüber, ist bis heute unbekannt. Jedenfalls wusste Newcombs Vorgesetzter bereits gegen 23 Uhr von dem Tod Marilyns, was neben dem errechneten Todeszeitpunkt ein relativ eindeutiger Hinweis darauf ist, dass Eunice Murray in ihren Aussagen gelogen hat.

Hatte Psychiater Ralph Greenson als einziger ein Motiv, um Monroe umzubringen? Eine vielfach diskutierte Theorie zum Mord der Schauspielerin rückt die Kennedy-Familie in den Fokus der Aufmerksamkeit. John F. Kennedy, 35. Präsident der Vereinigten Staaten, soll während seiner Amtszeit eine Affäre mit Marilyn gehabt haben. Bis zu ihrem Geburtstagsständchen für den Präsidenten im Madison Square Garden in New York 1962 war diese auch geheim. Allerdings war es ihre überaus sinnliche Stimme, in welcher sie das Lied dem Publikum vortrug, die von diesem Zeitpunkt an die Gerüchte um ein Verhältnis zwischen Kennedy und ihr mächtig anheizte. Das FBI verwanzte sogar das Haus, in dem sich die beiden regelmäßig trafen, um die Affäre ans Licht zu bringen. Schließlich könnte die Offenlegung eines so unmoralischen Fehltrittes durch den Präsidenten der Vereinigten Staaten dessen Umsturz bedeuten. Kurze Zeit später bahnt sich zudem auch eine Affäre zwischen Marilyn und Johns Bruder Robert F. Kennedy an. Sicher belegt sind diese beiden Affären nicht, allerdings gibt es einige Aspekte, die darauf hindeuten, wie beispielsweise Tonaufnahmen der Abhörgeräte an den Treffpunkten Marilyns und der Kennedy-Brüder.

Nach Marilyns Auftritt im Madison Square Garden ist die Stimmung zwischen ihr und den Kennedys angespannt. Monroe weiß viel – zu viel, zum Beispiel über die letztendlich gescheiterte Invasion zum Sturz Fidel Castros in der Schweinebucht Kubas 1961. Es wird vermutet, dass sie durch ihr Verhältnis zu den Kennedy-Brüdern Zugang zu sensiblen Informationen im Rahmen der Entwicklung der Kubakrise 1962 hatte. Sie soll sich in einem Brief an einen Mitarbeitenden der New York Times auch klar zu Fidel Castro bekannt haben, was das FBI verärgerte, und wusste einiges über die Pläne Kennedys hinsichtlich des Umgang mit den Spannungen zwischen den USA und der Sowjetunion. Ihr vermutlich sehr umfangreiches Wissen gefährdete die nationale Sicherheit Amerikas. Als Robert Kennedy schließlich die Beziehung zu Marilyn beenden wollte, soll sie ihm mit einer Pressekonferenz gedroht haben, in welcher sie ihr gesamtes Wissen über die geheimen Pläne der beiden offenlegen wollte. Sie plante, diese am Montag nach ihrem Tod abzuhalten. In einem kleinen roten Tagebuch notierte Monroe jedes Detail über ihre Treffen mit den Kennedy-Brüdern. Am Tag ihres Todes soll Robert F. Kennedy laut Murray sogar noch bei ihr gewesen sein und sie zur Herausgabe dieses Büchleins aufgefordert haben, jedoch ohne Erfolg. Er wollte wohl um jeden Preis verhindern, dass Marilyn geheime Details zu dem Konflikt mit der Sowjetunion in die Öffentlichkeit trägt. Es soll zu einer Auseinandersetzung zwischen den beiden gekommen sein, woraufhin Marilyn ihn aus dem Haus geschickt haben soll. Später sei sie so aufgebracht gewesen, dass ihre Haushälterin Greenson am frühen Abend gerufen habe, um sie zu besänftigen. Dieser habe sie zwischen 17 und 19 Uhr betreut. Laut der Aussage Jefferies, dem Schwiegersohn Murrays, welcher ebenfalls anwesend war, soll Robert in Begleitung zweier Männer gegen 21:30 Uhr wieder bei Marilyn aufgetaucht sein, was sie wohl ziemlich aufgewühlt haben muss. Sollte diese Aussage stimmen, so liegt dieses Ereignis kurz vor Marilyns berechnetem ungefährem Todeszeitpunkt und könnte daher mit ihm in Verbindung stehen.

Es existieren zahlreiche Theorien zur Todesursache der meistfotografierten Frau ihrer Zeit. Eine der prominentesten unter ihnen ist die Vermutung, Greenson habe Marilyn im Auftrag der Kennedy-Brüder und der CIA mit der Adrenalinspritze umgebracht, um eine Herausgabe sensibler Informationen durch sie zu verhindern. Des weiteren wird darüber diskutiert, inwiefern ein Tod durch eine Überdosis Schlaftabletten infrage kommt, welche möglicherweise absichtlich durch Greenson herbeigeführt worden sein könnte. Neben der oralen Einnahme, welche durch die fehlenden Tablettenrückstände in Monroes Magen weitestgehend ausgeschlossen wird, erscheint auch die Verabreichung des Wirkstoffs durch einen Einlauf plausibel, allerdings konnten hierzu keine konkreten Hinweise gefunden werden.

Die fehlenden Beweismittel und inkohärenten Aussagen Murrays, Greensons, Halls und weiteren Beteiligten erschweren die Suche nach der wahren Ursache für Marilyn Monroes Tod bis heute erheblich, daher kann ein Suizid auch nicht völlig ausgeschlossen werden. Licht ins Dunkel könnte möglicherweise eine mysteriöse Kiste bringen, welche in der University of California in Los Angeles lagert. In der „Box 39“ befindet sich neben Akten und Befunden Greensons zu seiner Patientin ebenfalls das rote Tagebuch. Greenson hat festgelegt, dass diese Box erst im Jahr 2039 geöffnet werden kann. Privatdetektive, die sich heutzutage mit dem Fall Monroe beschäftigen, vermuten, dass zu diesem Zeitpunkt alle involvierten Personen bereits verstorben sein könnten und der Zeitpunkt aus diesem Grund ausgewählt wurde. Es existieren sogar Petitionen, die darauf abzielen, jene besagte Box bereits vorher zu öffnen, um das Geheimnis um Marilyns Tod endlich zu lüften.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass einige Aspekte gegen einen Suizid der Schauspielerin sprechen. Mitglieder ihres engsten Freundeskreises gaben an, sie habe noch kurz vor ihrem Tod ambitionierte Pläne geschmiedet und vorgehabt, ihren zweiten Ehemann Joe DiMaggio wieder zu heiraten. Des Weiteren erwiesen sich ihre letzten Filme als Kassenerfolge.

Was bleibt uns also anderes übrig, als bis zum Jahr 2039 zu warten? Selbst, wenn bis dahin alle möglicherweise beteiligten Personen verstorben sind, wird zu diesem Zeitpunkt hoffentlich bekannt sein, wie und warum Marilyn bereits so früh sterben musste. Mir jedenfalls wird sie trotz ihrer tragischen Lebensgeschichte für immer als wahnsinnig talentierte, ehrgeizige und erfolgreiche junge Frau in Erinnerung bleiben.

Von Carolin Steinhage

Quellen:

https://www.arte.tv/de/videos/098093-000-A/tod-einer-ikone-marilyn-monroe

https://de.wikipedia.org/wiki/Marilyn_Monroe

https://de.wikipedia.org/wiki/Todesfall_Marilyn_Monroe

Michael Conway, Mark Ricci: Marilyn Monroe und ihre Filme. Goldmann, 1980, ISBN 3-442-10208-1

Lois Banner: Marilyn: The Passion and the Paradox. Bloomsbury, 2012, ISBN 978-1-4088-3133-5

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